#Straßenleben – warum (Klima) Aktivismus?
Man kann es förmlich summen hören im Raum, wie in einem Bienenstock: Die Köpfe arbeiten auf Hochtouren, es wird geplant, nachgedacht und diskutiert. Dazwischen gibt’s immer genug zu lachen– lustige Meldungen schieben können wir noch allemal. Ironie hilft bei dem ernsten Thema, mit dem wir uns ein bisschen gezwungenermaßen auseinandersetzen. Arbeit gibt es jedenfalls haufenweise für alle, die an diesem Abend wie jede Woche zusammengekommen sind, um miteinander den nächsten Weltweiten Klimastreik am 25. März, also schon kommenden Freitag, zu planen. Warum wir das nach über drei Jahren immer noch machen? Ein Blick hinter die Kulissen.
Manchmal fühlt sich Klima-Aktivismus wie ein überdimensionaler Marathonlauf an – die Uhr tickt und ständig begleitet einen da dieses mulmige Gefühl, dass das Ziel schlimmstenfalls gar nicht erreicht werden kann. Ganz oft ist es aber auch gerade der Aktivismus, der mir und vielen anderen hilft, nicht zu verzweifeln. Denn dadurch, dass wir uns mit den Problematiken auseinandersetzen, die mit dem Klimawandel zusammenhängen, sehen wir auch die Chancen, die sich uns Menschen durch die zahlreichen Lösungsansätze bieten würden. Herausfordernd ist es allemal, in die Schule zu gehen, den ganz normalen Alltag zu erleben und dabei im Hinterkopf zu haben, dass zum Beispiel pro Jahr weltweit allein aufgrund der Folgen der Klimakrise über 20 Millionen Menschen flüchten müssen.
Für viele Leute ist der Begriff Klimakrise nur schwer zuzuordnen. Klar, in der Zeitung liest man schon immer wieder mal was darüber und auch im Radio hört man immer öfter davon. Wenn die Medien über Klimakonferenzen berichten oder von den beunruhigenden Erkenntnissen der Wissenschaft im neuen Weltklimabericht, dann sorgt das für einige Tage Gesprächsstoff, aber anschließend treten wieder scheinbar wichtigere Dinge in den Vordergrund. Solange wir in Europa nicht tagtäglich von den Auswirkungen der Klimakrise betroffen sind, denkt leider auch unsere Politik, es sei eh alles in bester Ordnung und es gäbe gerade wirklich was anderes zu tun, als das Weltklima zu retten. Das hat jetzt 30 Jahre (seit Beginn der wissenschaftlichen Erkenntnisse) ganz gut funktioniert und jetzt… tja, jetzt haben wir den Salat. Die Auswirkungen sind sogar schon in Österreich angekommen.
Die Folgen des Status Quo, also des immer weiter steigenden Ressourcenverbrauchs, des CO2 Ausstoßes etc., die uns in nicht allzu ferner Zukunft erwarten könnten, sind nicht gerade prickelnd. Wer will schon im Sommer den Wasserhahn aufdrehen und bemerken, dass es keins mehr gibt? Wer will schon durchschnittlich 40 Grad heiße Sommer? Wollen wir wirklich in Zukunft hungern, weil die landwirtschaftlichen Flächen fast nicht mehr nutzbar sind vor lauter Trockenheit? Wollen wir, dass Kriege um Lebensmittel und die letzten Ressourcen geführt werden? Ich denke nicht. Wenn ich mir meine Zukunft aussuchen dürfte, dann kommen mir intakte Naturräume, Menschen aus aller Welt, die in Frieden und Gerechtigkeit zusammenleben, Millionen Tierarten, die geschützt werden konnten und der erleichternde Gedanke: „Es ist gerade noch einmal alles gut gegangen“ in den Sinn. Aber wie sollte denn verflixt nochmal irgendwie alles gut werden bei dem Richtungskurs, an dem gerade festgehalten wird?
Zum großen Glück gibt es viele machbare Lösungen. Ich finde den Gedanken ziemlich ermutigend. Das Schöne dabei ist auch: Wir sind gar nicht einmal so weit davon entfernt, in die Umsetzung zu kommen. Wir werden dazu aber alle Teile der Gesellschaft brauchen: Also dich, mich und vor allem die, die das ganze Chaos mit ihren Gesetzen und ihrer Geldgier veranstaltet haben. Das klingt nach einer schwierigen Aufgabe? Eigentlich könnte diese Arbeit ziemlich leicht gehen. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, wie die vom CCCA (Climate Change Center Austria = Klimaforschungszentrum) arbeiten schon die ganze Zeit über daran, dass diese Lösungen in Realität umgesetzt werden können.
In einem ihrer Berichte steht zum Beispiel, dass es ein Gesetz braucht, in dem festgelegt wird, wie wir in Österreich diese lebenswerte Zukunft, von der so viele träumen, schaffen wollen. Das wäre in dem Fall ein Klimaschutzgesetz, in dem geregelt wird, wie wir unsere Emissionen (Ausstoß von CO2 und anderen Treibhausgasen) reduzieren, bis wann das passieren muss und was gemacht wird, wenn das nicht gelingt.
Damit wir uns jetzt aber nicht den Kopf zerbrechen müssen, was wir machen, wenn das nicht gelingt, schauen wir besser, dass wir’s schaffen.
Besonders wichtig ist dafür eine Energiewende. Das heißt, dass Öl, Kohle und Gas, die den größte Einfluss auf die Klimakrise haben, durch Erneuerbare Energien ersetzt werden müssen, was eigentlich leicht möglich wäre.
Außerdem soll ein umweltfreundlicher Lebensstil kein Luxus für Reiche sein, sondern alltagstauglich für alle werden. Dazu braucht es klare Rahmenbedingungen (z.B. leistbare nachhaltige Mobilität für alle). Momentan macht die Politik sogar ein bisschen was von dem, was ihr von Wissenschaftler*innen vorgeschlagen wird. Nicht zuletzt, weil so viele Menschen schon auf der Straße waren, um genau das einzufordern. Doch die neuesten Aufzeichnungen zeigen: Es reicht halt einfach nicht. Was bis jetzt umgesetzt wurde ist vergleichbar mit zehn Vokabeln, die ein Schüler für einen Vokabeltest mit fünfhundert Vokabeln gelernt hat. 2021 war der CO2 Ausstoß sogar höher als jemals zuvor!
Es muss sich wirklich grundlegend etwas ändern, damit die Chance, die wir im Moment noch haben, nicht vergeblich ist. Und das schnell, denn die Wissenschaft ist sich einig, dass wir so schnell wie möglich wirksamen Klimaschutz machen müssen, weil sich die Erde sonst unkontrollierbar erwärmt. Wir in Österreich haben dabei als reiches Land eine riesige Leuchtturmfunktion. Das heißt, passiert diese grundlegende Veränderung bei uns, dann sind wir ein Vorbild für andere Länder, die sehen „Hey hoppala, das ist ja extrem cool, wie die das machen, das schaffen wir locker auch!“ Darum gehe ich auch nach drei Jahren Fridays For Future immer noch auf die Straße: Ich habe Hoffnung in uns alle. Stellt euch vor, alle Menschen, also du und ich und alle, die wir kennen, fordern diese lebenswerte Zukunft immer wieder konsequent ein, sodass die Politik gar keine andere Wahl hat, als sie real werden zu lassen. Das wär doch was.